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Dead Skrepeks

Wider die Ignoranz - und warum die Musikergilde keine Quote für deutschsprachige Musik fordert.

Wien (6. Oktober 2003) - Entgegen hartnäckig verbreiteten Gerüchten hat sich die Musikergilde nie für einen gesetzlich geregelten Anteil deutschsprachiger Musik am österreichischen Rundfunkprogramm ausgesprochen. Wir haben von Österreich immer und konsequent nur eines verlangt: die Einhaltung europäischer Standards. Radiostationen in den EU-Mitgliedsstaaten senden im Durchschnitt rund 40 Prozent landeseigene Musik. Österreich erreicht nicht einmal die Hälfte dieses Wertes.

Es geht auch nicht um eine Zusatzpension für "altersschwache, debile und schlicht uninteressante abgetakelte Musiker (...), die uns dann mit dem x-ten Austropopaufguß belästigen", wie ein mutiger Anonymus unter dem Pseudonym Dead Skrepeks in einem Leserbrief [Radio unter Kontrolle] unterstellt. Vielmehr müssen die Werke und Musikproduktionen der in Österreich lebenden Musikschaffenden endlich wieder zum Radioprogramm zugelassen werden und gleichberechtigt Zugang zum breiten Publikum erhalten.

Seit Jahren dominiert das überwiegend angloamerikanische Repertoire mit 85 zu 15 Prozent. Im gesamten ORF-Radio stammt nicht einmal jede siebente CD von einem/einer in Österreich lebenden Komponisten/Komponistin, auf Ö3 jede zweiundzwanzigste! Hier dem Ausgesperrten Nationalismus und Protektionismus vorzuwerfen, heißt die Augen vor diesen Fakten zu verschließen. Selbst wenn 40 Prozent eigene Musik auf den heimischen Sendern zu hören wäre, könnte von Diskriminierung des ausländischen Repertoires keine Rede sein. Um das als zutreffend zu erkennen, benötigen wir keine Kliometriker.

Kunst und Ideologie

Der Marxismus ist - gleich seinem ungeliebten Bruder, dem Kapitalismus - internationalitisch. So nahe liegen Ideale wie Völkerverständigung und grenzenloser Profit beieinander. Aber die Kunst, lieber Dead Skrepeks, läßt sich in keine Ideologie einordnen. Diesen Gefallen tut sie uns nicht. In der Kunst, die aus sich heraus vielfältig sein muß, ist jede Ideologie kontraproduktiv, ganz besonders dann, wenn es - wie bei unserem Thema - um ein Stück vom Kuchen, um einen Verteilungskampf geht. Die Ideologie hilft den Ideologen und nicht den Künstlern.

Dieser Verteilungskampf ist ein politischer, er wird von unserer Seite mit gewerkschaftlichen Mitteln geführt; daher dürfen wir auch die Auseinandersetzung mit den politischen Ideologien nicht scheuen. Die gedankliche Konstruktion einer humanen Gesellschaft ist sicher gerechtfertigt, aber ist es den Ideologen je gelungen, eine gerechtere Welt nicht nur zu erdenken, sondern auch zu erschaffen? Sowohl Kommunismus als auch Kapitalismus sind gescheitert; und das obwohl beide im Endeffekt auch die Glückseligkeit des Einzelnen und das Absterben des Staates zu ihrem Ziel erklärt haben.

Gleichschaltung und Monokultur

Gleichschaltung und Monokultur haben sich im wirklichen Leben nicht bewährt. Im Gegenteil! Sie führen zu materieller und geistiger Verarmung, zum völligen Niedergang der Kultur. Wer sich am Gängelband, gleich welchem, wohlfühlt und es - missionarisch - auch für mich verlangt, den betrachte ich mit großer Skepsis. Man möge mir nicht böse sein, aber Vielfalt und Selbstbestimmung sind mir bei weitem lieber.

Was das Resultat unseres politischen Kampfes sein wird, kann niemand vorhersagen. Das sehen übrigens auch Marxisten wie Eric Hobsbawn nicht anders, der schreibt: "Wie so oft bei der Zukunft, die in der Vergangenheit vorhergesagt wurde, kann es sein, daß wir sie nicht erkennen, wenn sie schließlich da ist, nicht weil die Prognosen falsch gewesen wären, sondern weil wir den Fehler gemacht haben, uns die interessante Fremde, deren Ankunft man uns angekündigt hatte, mit einem bestimmten Gesicht und einer bestimmten Kleidung vorzustellen." [Wieviel Geschichte braucht die Zukunft?, Carl Hanser Verlag]

PS: Apropos, lieber Dead Skrepeks, ich erfreue mich bester Gesundheit. Falls Du aktiver Musiker bist, lade ich Dich ein, solidarisch zu sein - und denke ein bißchen nach, bevor Du mich wieder mit den Nazis in einen Topf wirfst. [Leserbrief zu "Kein Geld für Musik"].

Peter Paul Skrepek [still alive]

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