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Radio und ich

Otto Lechner, Akkordeonist, über seine Sozialisation als Musiker durch das legendäre Ö3 vor dreißig Jahren und die Wirklichkeit von heute.

(1. August 2008) - In kleinem Dorfe aufgewachsen, waren für mich die drei Radiosender des ORF bis zum Ende der 70er die Zentren meiner musikalischen Welt von Kindheit und Jugend. Eigentlich bin ich kein Auto- sondern ein Radiodidakt; ein Bildungsweg, den ich meinem Sohn heute nicht empfehlen könnte. Gerade vom Ö3 der 70er habe ich gelernt, daß es gute Musik gibt, die von vielen Leuten gehört werden kann, und so schlägt mein Herz auch noch immer für vielfältigste Formen von Unterhaltungsmusik.

Daß ich dennoch ein Nischenkünstler geworden bin, liegt sicher neben anderen Entwicklungen auch an der Verbannung aller Andersklingenden zum Kultursender Ö1 oder ins Nichts. Pluralismus ist also für den ORF mehr und mehr zu einer Sache für die Elite geworden, und für geschätzte 85 % dieses kleinen Landes ist die Wahrscheinlichkeit, meine Musik zu hören oder gar zu kaufen, gleich null.

So stecke ich - ob's mir nun schmeckt oder nicht - in diesem bis zum Ersticken ausgewogenen Österreich 1 und raufe mich mit allen Andersdenkenden, anders Klingenden, besonders Gläubigen und besonders Ungläubigen, Klassikern und Avantgardisten, mit allen Minderheiten Österreichs um die besten Sendeplätze. [Otto Lechner © by Klaus Tauber]

Da aber die Produktion von einem anders klingenden Tonträger auch was kostet, seine Absatzmöglichkeiten nicht nur durch den Massengeschmack, sondern auch durch die öffentlich-rechtliche Lenkung desselben gering sind, muß sie mit öffentlichen Geldern gefördert werden, oder findet auch gar nicht statt. Wie uns das Beispiel von fm4 zeigt, ist es durchaus möglich, ein weites Spektrum österreichischer Musikproduktion zu spielen und zu unterstützen, ohne dabei den Rest der Welt zu vergessen, und so hat auch Ö3 die Chance und Verantwortung, die Karten neu zu mischen, also den hiesigen Szenen Raum und damit auch Geld zu geben. Vielleicht werde ja auch ich noch der 'Austropopper', der ich mit Fünfzehn werden wollte. Wenn es dafür einer Quote bedarf, so führen wir sie halt ein.

Österreich ist ja auch ein Reiseland, und es könnte durchaus sein, daß dem staunenden Touristen, der im Tauernstau steht und selbigen vom schnellsten Verkehrsfunk des Landes bestätigt bekommt, groovige Musik vom hier ein Quell der Freude wäre. ol


Los Gringos: Peter Rosmanith, Klaus Trabitsch, Otto Lechner

Passend dazu folgendes Postskriptum:

Sendung Jazztime auf Ö1 vor dem Eindampfen

Die Ö1-Dienstagabend-Sendung Jazztime, die Johann Kneihs und Andreas Felber abwechselnd gestalten, soll es nach den Plänen der Programmleitung in der gewohnten Form - einmal wöchentlich - nur mehr bis Ende August geben. Danach wird die Sendezeit auf einen Termin pro Monat geschrumpft. Konkret heißt das: Im September keine Jazztime, ab 10. Oktober einmal monatlich am Freitag von 19:30 - 20:00 Uhr. Eine negative Entwicklung, vor allem angesichts der schon jetzt geringen Präsenz des Jazz in den ORF-Programmen.

Wer Unmut zur Beinahe-Einstellung der Jazztime mitteilen möchte, wendet sich an das Ö1-Hörerservice unter der Telefonnummer 01 50170-371
(Mo-Fr, 8 - 18 Uhr) oder schreibt an oe1.service@orf.at

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