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Her mit der Quote!

Eine parlamentarische Enquete thematisiert im Juni die Lage der Musiknation Österreich. Dazu ein konkreter Fingerzeig. Von Walter Gröbchen.

Wien (26. Mai 2008) - Österreich ist eine Musiknation. Zumindest in den Sonntagsreden der Politiker. In Wahrheit ist Österreich ein potemkinsches Dorf. Der Staat pflegt mit Milliarden-Aufwand seine Hochkultur-Mausoleen und gibt einen Pfifferling, oder, wenn's hochkommt, zwei auf zeitgenössisches Musikschaffen. Das real schrumpfende Kulturbudget ist auf ewig verplant, akute Probleme – von den Musikschulen für den Nachwuchs bis zur Copyright-Frage im digitalen Zeitalter – werden in wortreichen, aber absehbar handlungsarmen Parlaments-Enqueten entlüftet. Oder gleich elegant entsorgt.

Aber lassen wir diese nüchterne Einschätzung der Großwetterlage. Und üben uns in Detailschärfungen. Werfen wir einen Blick auf die größte Medienorgel des Landes, den ORF: 86 Prozent des Musikprogramms (Durchschnitt aller ORF-Sender 2006) ist vorwiegend angloamerikanisch besetzt. Für heimische Klänge, egal ob Klassik, Pop oder Volkstümliches, bleiben 14 Prozent. Auf Ö3 sind es gar nur 5 Prozent. Damit liegt die "Musiknation" so ziemlich am Schluß der europäischen Vergleichsstatistik. Für den Export heimischer Musikprodukte abseits der Wiener Sängerknaben ist ein derartiges Aufmerksamkeitsdefizit im eigenen Lande eine katastrophale Startbasis. Das fehlende Glied in der Wertschöpfungskette läßt Investitionen auf breiter Basis kaum zu, zumal in einer Branche, die akut von einem radikalen Strukturwandel gebeutelt wird.

Abgesehen von nackten Zahlen gibt es aber auch soetwas wie eine "gefühlte Temperatur", ein Kultur-Kleinklima, das wechselseitiges Interesse, Respekt und Dialogwilligkeit voraussetzt. Hier zeigt sich ein noch prekärerer Status Quo: trotz groß aufgeblasener Marketing-Aktionen wie Die neuen Österreicher gibt es kaum einen Musiker, der sich der genannten Tugenden erfreuen darf. Ö3 hat sich, aus Gründen, die noch zu erörtern sein werden, der im ORF-Gesetz festgeschriebenen "angemessene Berücksichtigung und Förderung der österreichischen künstlerischen und kreativen Produktion" weitgehend selbst enthoben.

"Die Österreicher wollen euch nicht hören"

Warum? "Die Österreicher wollen euch nicht hören", rechtfertigen sich die Verantwortlichen. Unabhängige Umfragen ergeben ein anderes Bild, und zwar eine deutliche Forderung nach einem ausgewogenen Programm mit lokalem Bezug. Im Ausland ist dies selbstverständlich: Radios in Europa, selbst private, kommerzielle Stationen senden im Durchschnitt rund 40 Prozent (!) Musik ihres jeweiligen Landes. (Selbst)bewußt und mit Erfolg, da und dort auch durch eine Quotenregelung festgeschrieben. An sendefähigem Material mangelt es keineswegs. Auch hierzulande natürlich nicht, auch wenn das die Ö3-Musikredakteure und ihre slicken Berater nicht hören wollen.

Für Kenner der Szene ergibt sich ein zunehmend schizophrenes Bild: während in der hiesigen Kreativ-Szene, nicht zuletzt gefördert durch punktuelle Mikro-Finanzinjektionenen aus dem Umfeld des Bundeskanzleramtes [Österreichischer Musikfonds] oder der Stadt Wien [departure], Aufbruchsstimmung herrscht und die Quantität und Qualität des aktuellen Pop-Ausstosses gewaltig ist, mangelt es an einem direkten Draht zum Publikum – FM4 ausgenommen. Der ORF scheint eher an Pensionisten-Seditativa á la Musikantenstadl und Befriedigung repräsentativer Hochkultur-Lobbies interessiert zu sein als an einem kreativen, konstruktiven, seriösen Umgang mit Pop in all seinen Facetten. Daß hier demoskopisch die breiteste Zielgruppe zwischen sechs und sechzig Jahren vertreten ist, sollte aber auch den Amadeus-Abwinkern am Küniglberg zu denken geben.

Politik?

Was tun? Diskutiert, argumentiert, agitiert wird seit Jahren. Nach Einschätzung engagierter Interessensvertreter der Gewerkschaft, der Wirtschaftskammer, der Musikindustrie und letztlich der Betroffenen selbst fast immer knapp am Rand purer Zeitverschwendung. Der ORF übt sich in Beleidigtheiten, Abwiegelung und Gegenstatistiken. Und merkt immer noch nicht, daß er eigentlich mit den Content-Produzenten in einem Boot sitzt. Kultur und Medien sind kommunizierende Gefäße, und von einer erhöhten Wertschöpfung im eigenen Land würden nicht nur die hier lebenden und arbeitenden Musikschaffenden profitieren, sondern auch der ständig auf seinen Public Value pochende (und dahingehend auch immer stärker unter EU-Druck geratende) und die "österreichische Identität" beschwörende öffentlich-rechtliche Mediengigant.

Das ist der erste, und vordergründig einzige Grund, eine Quote zu fordern. Eine Quotenregelung für mehr österreichische Musik im österreichischen Radio, wie immer sie im Detail auch aussehen mag. Weil eine derartige Forderung offenbar der einzig mögliche (und auch konkret denkbare) Katalysator ist, eine eingeschlafene oder nie wirklich ernsthaft geführte Diskussion mit entsprechender Dringlichkeit aufzuladen. Und das stupend uniforme "Nein, unmöglich!" kühler Radiomanager und ihrer gluckenhaften Vorgesetzten aufzubrechen.

Na, ja ...

Kollegen argumentieren, eventuell ließe sich der Zugang zum Publikum nach europäischem Standard auch auf freiwilliger Basis einrichten, wie es in der Schweiz [Charta 2004] gelungen ist. Meine Erfahrung sagt: in Österreich drückt man sich vor einer klaren Sprache und Lösung. Ja, auch mir war die Vision, Denken mit Prozentzahlen lenken zu wollen, ideologisch lange suspekt. Wenn man sich aber einmal von der Vorstellung löst, Quoten wären per se uncharmant, zwänglerisch oder dem freien (?) Spiel der Kräfte zuwiderlaufend, erkennt man rasch die damit verbundene Hebelwirkung. Egal ob es sich um die Frauenquote in Führungspositionen oder den Anteil heimischer Kulturproduktion im heimischen, gebührenfinanzierten ORF dreht.

Und, um die Diskussion noch ein wenig anzuheizen: wenn schon, denn schon. Ich bin dafür, die Quote auch für private Radios einzuführen. Verpflichtend. Denn deren Musikchefs schauen wie das Karnickel auf die Schlange Ö3. Und programmieren natürlich österreichische Musik auch nur dann, wenn sie Gnade beim Marktführer gefunden hat (Ausnahmen bestätigen die Regel). Sorry: im Kampf gegen Dummheit, Blasiertheit und Publikumsignoranz ist mir (fast) jedes Mittel recht.

Also, her mit der Quote! Und mitten hinein in die Arena der Pro- und Kontra-Argumente. Eventuell kommt man dann letztendlich sogar ohne sanften Zwang aus.

Walter Gröbchen ist Journalist und Betreiber des Labels Monkey Music

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