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Spätes Echo

Am Sonntag, den 25. März verlieh die Deutsche Phono-Akademie zum 16. Mal den Deutschen Musikpreis. Neues aus Berlin von Günther Wildner.

Berlin/Wien (28. April 2007) - Schrumpfende Industrien müssen ihren medialen Auftritt besonders sorgfältig inszenieren, denn wenn schon eine Umkehr unmöglich scheint, dann wenigstens mit Pomp und Glamour in den Keller rattern. Das klappt beim ECHO stets gut: JLo war heuer gut gelaunt anwesend, und eine schmucke Auswahl internationaler und die volle Latte nationaler Prominenz walzte Event-adäquat aufgeräumt über den roten Teppich.

Inhaltlich hatte der ECHO wie schon im vergangenen Jahr mit Bob Geldof abseits des Musikalischen seine stärksten Momente – diesmal mit Bono Vox, der von der Phonoakademie einen ECHO für globales Engagement erhielt, und in seiner Rede die Deine Stimme gegen Armut-Kampagne eindringlich promotete.


Joschka Fischer und Bono Vox gegen die Armut
Foto: media control GmbH

Mehr noch als der gewohnt in seinem politisch- gesellschaftlichen Engagement
präzise Bono Vox überraschte Comedian Michael Mittermeier mit einer ernsthaften und eindringlichen Laudatio, die für viele seiner ECHO-Halblustigkeiten der letzte Jahre entschädigte – fürs gewohnte Plattenindustrie- Bashing blieb da dann leider keine Zeit mehr.

Yvonne Catterfeld moderierte angenehm unaufdringlich, dafür mußte man aber auch durch ihre Schlager mit deutschem Soul versöhnende deutschsprachige Musikperformance durch – der ECHO ist kein Wunschprogramm, sondern Plattenfirmen-Repertoireabspielstation in Preis und Live-Darbietung – das ist der Deal, RTL hält oftmalig Werbeblock-unterbrochen drauf und kredenzte, schon traditionell, anschließend auch noch die After-Show-Party: sehr small der Talk, und Frauke Ludowig gibt sich Mühe. Oliver Geißen war gewohnt sicher und entspannt in seiner Moderation, nur die Hand rutschte immer wieder unkontrolliert in den Hosensack – echte Coolness wird nicht aus dem Innenfutter gespeist, aber: Auge zugedrückt.

ECHO aus dem Überlebenscamp

Ja, und natürlich Musik: In den Awards kämpfen wie üblich bei den großen Musikindustrie-Preisen haarsträubende Jury-Entscheidungen gegen die Prämierungen des kleinsten Übels unten den meist verkauften Nominierten. Da ist es schon wesentlich ergiebiger, sich an den Live-Darbietungen zu delektieren: Ein von wahrscheinlich niemandem allzu groß ersehntes Comeback der No Angels brachte gesangliche Reminiszenzen an schuljugendliche Musicalaufführungen, und Tokio-Frontman Bill wuchtete mit üblicher Kreischkulisse seinen Limal/Tina Turner-Haarschopf durch den weit aufgespannten Bühnenraum.

Sonst gewohnt unterkühlte Rosenstolz-Performance, ein gewohnt sicher intonierender Roger Cicero mit seiner politisch inkorrekten Song Contest-Message von den Frauen, die angeblich die Welt regieren, eine im Theaterfundus Kostüm-technisch fündig gewordene LaFee mit Kinderchor (sic!), ein herrlich selbstinszenatorischer Bushido, freakige Beatsteaks und balladierende Silbermonde mit Klavier – das alles zusammen war bestes Unterhaltungsprogramm, um mit Freund Atze ätzende mit Chips und Bier vor dem TV-Gerät abzuhängen.

"Wir werden nie nachlassen, uns über die Plattenfirmen zu beschweren."

Wie schon Tradition hatten die Künstler nichts Musikpolitisches zu vermelden – wenn man es nicht anders wüßte, man müßte vom ECHO bestätigt das Kunst/Kulturparadies deutscher Lande ausrufen. Gerade noch Peter Plate meinte vor dem Universal-Dankeschön "Wir werden nie nachlassen, uns über die Plattenfirmen zu beschweren." Wollen wir mit dem erstaunlichsten Rekord des Abends und Jahres schließen: Die Kastelruther Spatzen holten sich den 10. ECHO ab. Sie dominieren die Volksmusikkategorie nach Belieben. Wunderbar anzusehen, wie sie in ihren grauen Anzügen beim Vorgehen auf dem Künstlersteg fast Bushido-like die vereinzelt gereckten Hände der Stehpublikum-Teenies abklatschten.

PS: Da muß man gleich noch einmal zum Eiskasten, pardon Kühlschrank – Prost! gw

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