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Die Seele und die Musik

Bei allem Verständnis für die kommerzielle Seite der Kunst: im Seichten zu ertrinken, ist tragisch und komisch zugleich.

Wien (15. März 2004) - Gibt es ein Menschenrecht auf Oberflächlichkeit? Wenn sich Popstar Daniel Küblböck kreischend in einen Sarg aus Plexiglas legt und mit Hunderten lebenden Kakerlaken überschütten läßt - braucht das die Welt? Na, ja, die Kakerlaken singen wenigstens nicht, wie Frank-Markus Barwasser so treffend bemerkte.

Kein Grund zur Beruhigung

Die Devise lautet: Let me entertain you! Wer erreicht schon die zweite Ebene der Interpretation von Robbie Williams? Wer lauscht schon einer Musik-Wasserleitung, solange das Leben nur ein Hit ist? Dabei kennt Obgenannter, souverän den bösen Bubend mimend, sehr wohl die Gosse der Unterhaltungsindustrie, noch dazu nicht vom Hörensagen, sondern aus eigener Erfahrung.

Auch ein Frostschaden ist ein Aufbruch. Was blieb von der Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre? In Österreich Pensionistenpolitiker, die Schifferl versenken nur mehr auf dem Papier und nicht mehr im indischen Ozean spielen. Das Endresultat der Jugendrevolte heißt Josef Cap, und der schaut kantig in die Gegend, wohl wissend, daß wir den deutschen Schlager auf dem Höhepunkt seines Tiefflugs nur gegen dessen englische oder amerikanische Version getauscht haben.

Befehlsausgabe

An alle Automaten: Wir stehen vor dem Abgrund. Es lebe der Fortschritt, marsch, marsch! Keine Zeit für Besinnung, Stille und Einkehr. Speed kills [und wenn nicht, so macht es doch ziemlich hektisch]. Verständlich, daß da Hanfpflanzen illegal sind - und die Pflanzen werden ja nicht gefragt.

In der weiten Welt des Playback ist der heilige Moment, das absolute Jetzt, ein Sakrileg oder doch zumindest völlig entbehrlich. Nie hätte ich mir träumen lassen, daß sich die Teilnehmer an Schigymnastiksendungen eines Tages auf einer Bühne versammeln würden, um ein Konzert zu simulieren - und noch Publikum finden, das brav dafür Eintritt zahlt. Begeisterung am Nasenring. Laut Einstein werden nur zehn Prozent unseres Gehirns benutzt - fragt sich nur: von wem?

Ave, Cäsar! Die Ferngesteuerten grüßen dich. Aber, keine Sorge, es ist alles nicht so schlimm. Jeder Rechner braucht ein Betriebssystem, sonst könnte er nicht abstürzen. Sich gegen den natürlichen Lauf der Welt zu stemmen, gilt gemeinhin als hoffnungslos. Dann schon lieber mit dem Strom schwimmen. Achten Sie auf ihren Nachbarn, richten Sie sich aus, kaufen Sie, jetzt neu! Jetzt noch weißer! Es geht wieder aufwärts. Jeder Zweite einen Schritt vortreten! Oder wie sangen Kraftwerk: Wir sind die Roboter!

PS: Trotz alledem, es gibt noch Hoffnung. Wenn, im Augenblick des Todes, die Seele den Körper verläßt, wird dieser um 21 Gramm leichter. Das haben Wissenschaftler angeblich gemessen. Erklären können sie es nicht.

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