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Wien (31. Mai 2006) - Allen Jubelmeldungen zum Trotz bringt die wirtschaftliche Globalisierung keinen allgemeinen Wohlstand, sondern eher den Wettbewerb, wer noch billiger arbeitet. Auch in Österreich ist das Vermögen ungleich verteilt. Zu den Gewinnern zählen vor allem Konzerne, während sich die einfache, arbeitende Bevölkerung auf der Verliererstraße wiederfindet - so wie in der Musikbranche: einige Wenige schwimmen förmlich im Geld, die große Mehrheit lebt quasi von der Hand in den Mund.
Die freie Marktwirtschaft stärkt den ohnehin Mächtigen. Kein Wunder, daß es die Großen und Starken sind, die ihre Vorzüge preisen. Wenn die gerechte Verteilung aller Güter unser Ziel ist, dürfen wir den entfesselten Marktwirtschaftlern allerdings nicht gestatten, ohne Rücksicht zu agieren. Wir müssen ihnen global verbindliche Regeln vorschreiben - und die freie Marktwirtschaft auf demokratische Weise zu einer sozialen Marktwirtschaft zurückführen.
Keine Armutsförderung Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde eine Lösung des Konflikts zwischen Reichen und Habenichtsen vorgeschlagen, und zwar durch die so genannte Freiwirtschaft. Ziel dieser Bewegung war eine krisenfreie Marktwirtschaft und mehr soziale Gerechtigkeit: Das arbeitende Volk sollte den vollen Ertrag seiner Arbeit erhalten. Buchtipp: Hermann Benjes |
Die Politik des knappen Geldes oder: Wir sparen uns zu Tode!
Die Freiwirtschafter führten die Not der Zeit auf das kapitalistische Wirtschaftssystem und das römische Bodenrecht zurück, sie verurteilten Spekulation und Zinsnehmen. Arbeit und Wohlstand für alle war das Ziel, das mit friedlichen Mitteln erreicht werden sollte - mit Hilfe einer Geld- und Bodenreform, basierend auf den Theorien Silvio Gesells [1862 - 1930], eines Zeitgenossen Karl Marx'. Weil Geld eine zentrale Rolle im Wirtschaftsgefüge spielt, setzt Gesells Theorie genau hier an: bei der Politik des knappen Geldes [das kommt uns auch heute sehr bekannt vor]. Geldstauungen bewirken Warenstauung, knappes Geld bewirkt Arbeitslosigkeit und in der Folge Verarmung und soziale Unruhen.
Das Dagobert Duck-Syndrom
Während Waren im Lauf der Zeit weniger wert werden - weil sie verderben, unmodern werden oder Lagerkosten verursachen -, kann Geld ohne Risiko gehortet werden. Ein Geldbesitzer kann sein Geld ohne Nachteil zurückhalten und warten, bis die Waren für ihn billig oder die Zinsen hoch genug sind. Damit stört er jedoch den Wirtschaftskreislauf. Händler werden gezwungen, ihre Preise zu senken. In der Folge müssen sie ihre Kosten durch Kredite decken. Diesen Bedarf läßt sich der Geldbesitzer durch den Zins belohnen, ein Einkommen, für das er, so Gesell, keine Leistung erbringt. Die Zinseinnahme verleiht er erneut, sodaß seine Zinseinnahmen ständig wachsen (Zinseszins). Auf diese Weise werden "leistungslos" Reichtümer dort angehäuft, wo sie nicht benötigt werden. Im Gegenzug dazu wird der arbeitenden Bevölkerung der ihr zustehende volle Arbeitsertrag vorenthalten.
Genau das war 1931 die Ausgangslage in der Tiroler Stadt Wörgl. Es herrschte Deflation. Während die Preise der Waren fielen, gewann das Geld ständig an Wert und wurde deshalb auch zurückgehalten. Die in Umlauf befindliche, an die Goldreserven gebundene Geldmenge verkleinerte sich zusehends.
Was tun?
Geld müsse, so fordert Gesell, daher einem Schwund unterworfen werden, wobei er von rund 5 bis 6 Prozent jährlicher "Geldsteuer" ausging. [Einlagen bei Sparkassen wären davon nicht betroffen.] Der jährliche Schwund sollte als Anreiz wirken, das Geld nicht zu horten, sondern es schnell wieder in Umlauf zu bringen. Vor diesem Hintergrund arbeitete Bürgermeister Michael Unterguggenberger ein Nothilfe-Programm aus, umlaufgesichertes Freigeld als Komplementärwährung im Wert von 34.500 Schilling für die Region Wörgl auszugeben. Mit durchschlagendem Erfolg. Wachsende Bautätigkeit und Konsumfreude ließen innerhalb eines Jahres bis 1933 die Arbeitslosenzahl in der Region um ein Viertel sinken, während sie sonst in Österreich weiter stieg. Das Experiment fand weltweite Beachtung.
Im September 1933 wurde der Umlauf des Wörgl-Schillings per Gerichtsbeschluß auf Betreiben der Österreichischen Nationalbank AG beendet. Die Freiwirtschaftsbewegung wurde gestoppt. Der Faschismus - und damit der zweite Weltkrieg - war nicht mehr aufzuhalten.
PS: "Wo sich Starke und Schwache begegnen, ist es die Freiheit, die unterdrückt, ist es das Gesetz, das befreit." [Rousseau] - Zum Bericht Das Wunder von Wörgl
Weitere Literaturtipps
Sivio Gesell "Die natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld" (1949), Rudolf Zitzmann Verlag, 9. Auflage, ISBN B0000BII3S
John Maynard Keynes: "The General Theory of Employment, Interest and Money" (1936), Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes, Verlag Duncker & Humblot 2002, 9. Auflage, ISBN 342807985X
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