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Wien (31. Oktober 2005) - In Österreich und Deutschland trat man in der gleichen Woche zu den jährlichen Preisverleihungen für Klassik-Tonträger an: Beim Amadeus Klassik [11. Oktober] erweiterte die IFPI Austria den langsam flügge werdenden Preis auf vier Kategorien - in der repräsentativen Philharmonie Gasteig spulte der deutsche Echo Klassik [16. Oktober], der sich mit Pop-Marketing-Vokabular gelehrig Echo der Stars nannte, ein buntes Programm an Kategorien und Künstlern ab.
Das direkte Moderationsduell gewann in der Kategorie der kritisch augenzwinkernden Schelte von Klassikszene und Konsorten haushoch Christoph Wagner-Trenkwitz, die Schönheitskategorie hatte die aparte Maria Furtwängler per Ass noch beim Einspielen für sich entschieden. Die deutsche Musikbranchenpresse schrieb unter dem Abfeiern des Starprinzips nach ein bißchen Tonträgermarkterholung den Frühling der Klassikszene schon vor dem Echo herbei. In Österreich schrieb niemand. Absichtslose Ahnungslosigkeit wurde zum altbekannten Gemeinschaftsreflex der perfekt eingeübten Kulturstarre.
Pop, Klassik und ihre Darstellung
Erlernt man beim Pop-Echo/Amadeus regelmäßig die verwirrenden Auswüchse modernen Entertainments bzw. dessen Inhaltsvermarktung und wird Experte im Überprüfen synchroner Lippenbewegungen im Vollplaybackvortrag, so erfährt man bei den verschiedenen Klassikpreisen tatsächlich etwas über Musik und lernt Aufführungen allererster Güte zu beurteilen und zu genießen. Wer das so stehen lassen möchte, dreht das Fernsehgerät ab und geht schlafen. Wer sich jedoch Sorgen über das Fortbestehen dieses Stehengelassenen macht, muß ein wenig reflektieren.
Haben die Künstler etwas zu sagen?
In München und Wien sprechen die Laudatoren länger als die Ausgezeichneten, sind die Ankünder die Kenner des guten Geschmacks und akklamieren mit Jubelselbstabfall genau diesen kleinen Kreis der Förderer, Ausbildner und Kritiker, die die Harmlosigkeit der Klassikszene auf der Basis einer wunderbaren Kunst zementieren. Alleine Thomas Quasthoff [2.v.l.] machte in der Donaumetropole die Feststellung, in Deutschland falle derzeit die Kunst und Kultur den Einsparungsmaßnahmen zum Opfer.
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Was waren die weiteren Themen der Künstler? Leider keine, nur frohes Bedanken und Staunen über die eigene Starkarriere. Offensichtlich bekommen viele in ihrer privilegierten Rolle nichts mit von A&R-, Identitäts- und Vermarktungskrisen der Klassik, der Stagnation in der Neuen Musik, der Repertoire- und Veranstaltungsproblematik in den Reihen zwei bis zehn der Klassikszene. Von den Umwälzungen im Tonträgermarkt, vom kulturpolitischen Kahlschlag, von der Medienmisere und Ausbildungsproblematik, den Stundenkürzungen an den Schulen usw. ganz zu schweigen.
Mit so wenig gesellschaftlicher Sprengkraft von Seiten der die Globalisierung feingeistig behübschenden Kunst- und Kulturschaffenden wird der Klassik-Echo – eine durchaus schön anzuhörende und anzusehende Informationsveranstaltung zum abgelaufenen Klassikjahr - seinen 22-Uhr-Sendeplatz nie verbessern, was die ZDF-Musikchefin Anca-Monica Pandelea auch strikte festgeschrieben hat - und der Klassik-Amadeus wird weiterhin als halbstündige Kurzberichterstattung im ORF am Sonntagsvormittag [Kulturtipp Spezial] mit aus Archivmaterial zusammengesetzten Künstlerportraits kompiliert werden.
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PS: Die Nominierungen ergaben sich aus den besten verkauften Klassik-Alben. Eine 50-köpfige Experten-Jury entscheidet über die Gewinner. Veranstalter des Amadeus ist der Verband der österreichischen Musikwirtschaft, IFPI Austria. Der ECHO wird von der Deutschen Phonoakademie, dem Kulturinstitut der deutschen Phonowirtschaft, vergeben.