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Frisches Blut

Musikschaffende, die in Österreich leben, haben ab heute wieder etwas bessere Karten - allen Unkenrufen zum Trotz.

Wien (4. Juli 2005) - Vor zehn Jahren verkündete der damalige Polygram-Chef, er werde die Produktion österreichischer Künstler »auf null reduzieren« [nachzulesen in einem großen Musikmarkt-Magazin]. Die Musikkonzerne folgten seinem Beispiel, das Formatradio erledigte den Rest. Bis auf gelegentliche Zucker gab die heimische Musikszene keinen Muckser mehr von sich, der für die breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gewesen wäre.

Patient tot, Operation gelungen

Damit hatte man sich elegant eine erfolgreiche und daher lästige Konkurrenz vom Halse geschafft, galt es doch, den - kaufkräftigen - Markt für internationale [sprich: angloamerikanische Produkte] einzuebnen. Die globale Monopolisierung traf am Ende sogar den für unverwundbar gehaltenen Volkstümlichen Schlager, mit dem es rasant bergab ging. Zugelassen waren nur mehr Nischenproduktionen aus Österreich. Sie spielten im großen Geschäft kommerziell nie eine Rolle, auch wenn sie bis heute oft Kultstatus genießen.

Österreichs (Pop)Musiker mußten auf dem Holzweg bleiben, sich mühsam von Auftritt zu Auftritt schleppen und beten, daß ihnen eine Radiostation wenigstens die Chance gab, gratis aufzutreten. Schallplattenproduktionen wurden zwar immer leichter erschwinglich, aber was nützt die beste CD, wenn sie nicht gesendet wird? - Natürlich nur aus Formatgründen. Die Tantiemenflüsse versiegten nach und nach, auch weil eine Verwertungsgesellschaft ihre Verteilungsregeln zu Ungunsten der heimischen (Pop)Musiker verändert hatte.

Währenddessen düsten unsere amerikanischen und englischen Freunde auf der Medienautobahn dahin, mehrten ihren Ruhm und das Vermögen der Firmen - bis sie allesamt ungebremst in die Tauschnetze der Internetfreunde schlitterten, wo sie bis heute zappeln. O Herr, erlöse uns von dem Bösen! So weit, so mitleiderregend.

Ende der Monotonie

Der heute vorgestellte Fördertopf für heimische Musikproduktionen aller Art kommt gerade zur rechten Zeit, erfreut sich die österreichische Musik doch wieder eines - für manche unerwarteten - Zustroms des Publikums. Allein das Programm des heurigen Donauinselfests spricht eine deutliche Sprache. Musik aus dem eigenen Land ist attraktiv, musikalisch und technisch um nichts schlechter als jene der ausländischen Mitbewerber und wird offensichtlich wegen ihrer Authentizität, ihrer Echtheit hochgeschätzt.

Mit dem zusätzlichen Geld aus dem Musikfonds sollte es möglich sein, die herausragendsten Musikschaffenden und die besten Produzenten so zu unterstützen, daß sie nicht nur irgendwie eine CD zustandebringen, sondern auch dem breiten Publikum präsentiert werden. Dazu bedarf es der Bereitschaft der Medien, Musik aus Österreich zu senden - rund um die Uhr, nicht nur zwischen Mitternacht und Morgengrauen. Ihre Behauptung »Musik aus Österreich will keiner hören« haben die Radio- und Fernsehmanager mittlerweile je selbst elegant widerlegt. Jetzt liegt es an der Politik - und damit auch an uns allen -, ihnen die Hand zu reichen und sie endgültig aus dem kapitalintensiven und tödlichen Formatsumpf herauszuziehen.

PS: Musik aus Österreich im ORF wird im Herbst erneut auf der Tagesordnung der ORF-Gremien stehen. Wir berichten weiter live.

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