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Ruf und Echo

Am 2. April 2005 fand in Berlin die 14. Echoverleihung der Deutschen Phono-Akademie statt - mit Topstars aus der nationalen und internationalen Pop-Szene.

Berlin, Wien (5. April 2005) - Der Echo 2005 bzw. das, was über die RTL-Ausstrahlung auf die Netzhaut der musikinteressierten Öffentlichkeit dringt, fügte heuer dem jährlich, zigfachen in aller Welt zelebrierten Format der Musikpreisverleihung weder Neuigkeiten noch Glanzlichter hinzu. Es war vielmehr ein bißchen so wie jedes Jahr, hielt somit Kontinuität, vermochte dafür aber neben der nicht mehr neuen Botschaft vom Boom deutschsprachiger Musik weder der Musikbranche noch ihrem Wahrnehmungsbild in der Öffentlichkeit positive Impulse zu geben.

Das Immer-Gleiche

Dieses ein wenig Immer-Gleiche des Echo bestand angenehmerweise in einer sicheren, über beinahe die gesamte Länge von Peinlichkeiten freie Moderation von Oliver Geißen und Yvonne Catterfeld und einer offensichtlich schon im Abonnement abgesicherten Performance von Michael Mittermeier, dem wieder einiges zur Musikbranche einfiel [wieder Stars statt Superstars in 2004; das Musikfernsehen ist tot] und der es als manchmal überzogener Hinein-Sager-Verarscher [Angela Merkel] und Publikumsanimator als Unterhaltungskünstler einfach zu keiner wirklichen Lustigkeit bringen kann - aber vielleicht liegt das einfach am Österreich spezifischen Unverständnis für diese Art deutschen Humors.

Auch leider stets präsent und immer wieder aufs Neue erstaunlich: Diese insgesamt gesehen unverständliche Sprachlosigkeit der prämierten Künstler, deren gesamte Redezeit zu oft mit den üblichen stereotypen Danksagungen verstreicht. Ein Entkommen aus diesen offensichtlich internalisierten Branchendanksagungen skizzierten Rammstein, indem sie außer einem Wort gar nichts sprachen: Danke!

Weiters: ECHO-Lebenswerkempfänger Michael Kunze: Er punktete mit Understatement [andere hätten diesen ECHO mehr verdient], und bevorzugte insgesamt die Sir-Variante, dankte kurz allgemein und nicht namentlich, hob dafür seine Frau Roswita ganz explizit hervor und erntete für diese sehr menschliche Geste Standing Ovations von den Branchenkolleg/innen. Nostalgie, ewige Wahrheiten und Versöhnlichkeitsgefühle klangen in seiner Branchendeutung und Erfolgsdefinition mit: In einer Haifischbranche hätte er keine Haifische getroffen, und kreative Arbeit und Produktion müßten Spaß machen, um eine Chance auf Erfolg zu haben.


Peter Maffay und seine Band bei den Proben für den Echo 2005. Foto: obs/musicload

Udo Jürgens als Laudator hatte eine bißchen zu penetrant seine Lieder [Griechischer Wein etc.] aus dem Bechstein-Flügel gestemmt und ein wenig unangenehm zum kollektiven Mitsingen und -klatschen animiert. Dafür gab er nach dem Echo ein gutes Interview zu Mariah Carey und dem Deutschboom - sämtliche nachzuhören/sehen hier . Zu mehr als nur Dankesworten fand schließlich auch Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß, die offensichtlich aus dem Stehgreif den Labels die selbst erfahrenen, altbekannten A&R-Ablehnungsplattitüden nachwies: Silbermond wäre ein erfolgsinkompatibler Name und man »höre die Single nicht« - so hat damals alles begonnen.

Sonst war da noch als Mahner Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit. Er sprach der Tonträgerbranche ins Gewissen und mahnte sie zum Aufbau lokalen Repertoires: »Vergeßt den deutschen Nachwuchs nicht. Es lohnt sich, ihn zu fördern!“«. Muß dafür wirklich erst der Bürgermeister kommen?

Liebe Lobrednerinnen und Lobredner

Der ECHO hatte heuer sein Rednerpult verloren, was eine durch die Jahre beobachtete Steifheit eliminierte, aber auch ein wenig an Feierlichkeit nahm. Vor dem verbliebenen Mikrofon spielten sich die verschiedensten Auftritte der Laudatoren ab: Mister ZDF Thomas Gottschalk, dessen Musikliebhaberei und Respekt für Anastacia öffentlich bekannt sind, duellierte sich mit Oliver Geißen im Vorredner-Nachredner-Fach, Herbert Grönemeyer war mit Leiberl und dunklem Anzug ungewohnt elegant unterwegs und brachte sein Anliegen der Armutsbekämpfung locker in seiner Anmoderation unter.


Wir sind Helden in der Musicload Lounge auf dem Echo 2005. Foto: obs/musicload

Barbara Schönebergers kabarettistische Einbegleitung konnte nicht überzeugen, die Pantomimenübersetzung ihres Partners Hennes Bender ["Frei Schnauze"] versandete im Bereich der mittleren Witzigkeit, also Geschmacksache. Joy las nach dem Öffnen des Kuverts die Echo-Gewinnerin Andrea Berg vor, weil (Riesenplüsch)Schnappi ja leider nicht lesen kann. Megasellerin Berg widmete ihre Auszeichnung berechtigterweise ihrem Produzenten Eugen Römer. Viva-Moderator Klaas Heufer-Umlauf [Kategorie "Videoclip national"] zeigte vor, wie eine sichere, sympathische, uneitle und umfassend gelungene Anmoderation aussehen und klingen kann. Johannes B. Kerner, Katharina Witt, Franziska von Almsick und Ben, der eine Lanze für die volkstümliche Musik brach, entledigten sich elegant ihrer Laudatorenverpflichtung, und Recke Götz Otto überragte die zierliche Annett Louisan fast ums Doppelte.

Die Auftritte

Zwischen live und Playback gab es viel zu hören, wobei es in letzterer Kategorie eher etwas zu beanstanden gab als in ersterer. Wenn man schon nicht live singt, könnte man doch zumindest den Schein waren und sich während der gesungenen Passagen vor dem Mikro aufhalten [nicht so Peter Maffay mit zusätzlich schlimmem Fade-Out am Ende]. Auch Nenas Musik tut Playback nicht gut. Sie ist eine Künstlerin, die ihre Energie bevorzugt aus ihrer Live-Intensität gewinnt. Sie wand sich im langen 80er Jahre-Pulli ohne Rock in einer Art berauschter und delirösen Glücklichkeit über die Prolongation ihres anhaltendes Erfolgscomebacks durch ihre mehr trotzig als altkluge Liebe ist - Single.

Anastacia wirkte kompetent und fraulich wie immer ohne sexy Schablonen bemühen zu müssen – Judith Holofernes müßte demnach bekennende Anastacia-Anhängerin sein! Fanta4 führten bei ihrem feinsten Song Geboren des aktuellen Albums Viel eine kleine Choreografie vor, Silbermond sind live sehr kompakt und druckvoll, natürlich intonatorisch nicht auf Tonträgerniveau, aber gewinnend mit einer Powerperformance.

Die Akustik-Damen Katie Melua und Annett Louisan [im Bild links] präsentierten sich sitzend im intimen Rahmen, erstere solo mit Konzertgitarre im Scheinwerferkegel, zweitere mit Band von Flammensäulen umrahmt.

Mariah Carey übte sich brav in den von ihren Nachfolgerinnen [Beyoncé etc.] vorgegebenen R&B-Schablonen, die sie definitiv nicht ausfüllen kann - also nicht unbedingt in zu große, aber sicher die falschen Schuhe gestiegen. Die am besten für den Event ausgedachte Performance lieferten Wir sind Helden, die Max Raabe mit seinem Palastorchester zur Interpretation der aktuellen Single Gekommen um zu bleiben einluden - kleines Tänzchen Judith mit Max inbegriffen.

Rammstein wehrten sich mit ihrem deutschsprachigen, wunderbar polarisierenden Breitseiten-Rock aus der Stahlwerkshalle ebenfalls erfrischend gegen Stereotype der Live-Performance, und wurden mit zwei Preisen belohnt. Westernhagen gab weise den Reflexionsdandy: Ich bin eins mit mir. Die Söhne Mannheims wollten schließlich nur in deiner Nähe sein. Juli faßten den ECHO als Geile Zeit zusammen, Yvonne Catterfeld durfte zum Schluß noch ans Gesangsmikro und wünschte sich Glaub’ an mich - oder hatte da aus ihr der ECHO gesprochen?

Fazit

Der ECHO bleibt wichtig, sieht sich aber Jahr für Jahr immer wieder aufs Neue mit der leidigen Verleihungsfadessgefahr konfrontiert, die der Veranstaltung immanent ist und letztlich auch nur schwer auflösbar scheint, doch es sollte jährlich versucht werden. Des ECHOs Bedeutung, seine Präsentation und Wirkung hängt nicht ausschließlich an Originalität und Qualität der jeweils im prämierten Jahr neu auf den Plan getretenen Künstler, sondern auch in einer schärferen Konturierung der bereits etablierten Künstler [z.B. bei den Auftritten] und schließlich in einer Dramaturgie und inhaltlichen Wesentlichkeit, die definitiv interessanter für (Pop)Kulturinteressierte gestaltet werden könnte im Sinne eines Mehr-Erfahrens über Künstler, Ästhetiken, Musikbranche, deren Bedingungen und Verfahrensweisen - warum nicht ein paar Insiderausflüge statt der gleichförmigen Anmoderationen, Experteninterviews, Hinter-den-Kulissen-Berichte für Musikbusiness-Nichteingeweihte u.v.m.?

Oder doch Judith Holofernes ECHO-Meinung - nachher im Interview - einmal bei der Verleihung bringen? Wer schon einmal die manirierte Luft großer Musikpreisverleihungen in eigener Live-Erfahrung geschnuppert hat, weiß Bescheid, wenn Judith meinte, daß der ECHO für sie stets ein lustiger Ausflug ins Parallel-Universum sei.

Als Fernsehereignis ist der ECHO letztlich mit den unzähligen Werbepausen eigentlich nur als Aufzeichnung sinnvoll und Nerven schonend rezipierbar, oder er wird als Nebenherberieselung genutzt - was die Protagonisten nicht verdient haben. Die ewige Frage bleibt bestehen: Wie erzielt man in TV-vermittelten Award-Shows Emotionen, Wesentlichkeit und einen Mehrwert, der den ECHO-Rezipienten als Anderen ausschalten läßt, als er aufgedreht hat? gw

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