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Popkomm: Kam gut!

Die Veranstalter bezeichnen die Popkomm 2004 als »vollen Erfolg«. Insgesamt 15.436 Fachbesucher aus aller Welt kamen nach Berlin.

Wien (18. Oktober 2004) - Die meisten Berichte und Kommentare zur seit heuer in Berlin stattfindenden Popkomm sind erschienen und rezipiert, die ganz frischen Eindrücke klingen ab, die Dateien der aktuellen Berichterstattung sind geschlossen, das Nachdenken kann beginnen.

Das Musikbusiness hat ein neues Spielzeug bzw. Geschäftsmodell, und das wurde auf der heurigen Popkomm vom 29.9. bis 1.10. drei Tage lang eifrig und ausführlich präsentiert: Digitale Distribution & Musikverkauf über Internet und mobile Dienste - die neue Heilsbotschaft. Wie es scheint (nicht)verdienen über diesen neuen Musikabsatz primär musikfremde Firmen [Hard-, Software-, Telekom-Anbieter], aber das tut der Euphorie keinen Abbruch, frei nach dem Motto: »Wenn schon sonst nichts geht, dann träumen wir doch von einer besseren Zukunft!«


Gedränge vor dem österreichischen Stand

Das zeigt die Zerrüttetheit und Unsicherheit der Branche auf ungeschminkte Weise: Jeder, der sich als intelligent und zukunftsorientiert einschätzt, will den Rettungsanker der alternativen Digitaldistribution greifen, der bisher nicht einmal ein Prozent des Umsatzes ausmacht! Die Prognosen freilich schillern bunter. Bis zu 30% soll der digitale/mobile Musikverkauf in wenigen Jahren generieren - doch was, wenn nicht?

Das Medium ist die Botschaft

Woher kommt eigentlich diese gutgläubige Sicherheit der Einschätzung, daß rosige digitale Zeiten auf uns zukommen? Sitzen wir möglicherweise einem Irrtum auf, ähnlich der Dot.com-Welle um das Jahr 2000 herum, als alle am rundum ausgerufenen Internetboom teilhaben wollten und sehr bald auf der Nase lagen? So extrem scheint es nicht zu werden, aber im Curriculum der allzu unhinterfragten Technologiehörigkeit der (selbst)verunsicherten/ernden Tonträgerbranche ist seit längerer Zeit ein neues Kapitel aufgeschlagen. Die Popkomm wird erfüllt von dieser Botschaft, die Branche selbst macht die Messe zum dem, was sie ist.


Mario Rossori (li.), Organisator des Österreich-Auftritts

Die allzu großen Sorgen und Ressentiments gegenüber der neuen Berliner Popkomm waren teilweise verständlich, letztlich jedoch unbegründet. Diese Messe ist ein notwendiger Kristallisationspunkt und Kommunikationsevent der gesamten - sagen wir einmal großspurig - europäischen Musikwirtschaft, nur erfährt sie aufgrund der im Umfeld der Veranstaltung erhobenen Forderungen [Urheberrecht und Quote], mediale Verzerrungen, die sie schlechter aussehen lassen als sie ist.

Wenn um 50 Aussteller mehr als im Vorjahr kamen und die Fachbesucher sich von unter 11.000 auf über 15.000 erhöhten, dann wird man die Marktfunktion der Popkomm wohl nicht so einfach klein schreiben können. Hinzufügen muß man als zentrale Erkenntnis, daß tatsächlich die Rettung einer Musikmesse stattgefunden hat, die noch im letzten Jahr nach einer beispiellosen Frustrationsveranstaltung in Köln schon hart angezählt worden war.

Quote für die Rentnerband

Daß die griffigen, medial kontroversiell zu diskutierenden Themen (siehe oben) die Rezeption der Messe beeinflussen würden, war klar, aber genau dieser unauflösbare Zusammenhang von Veranstaltung und Inhalten macht den Sinn und den Erfolg der Popkomm aus - für die Branche und für sie selbst. Daß die Probleme der Musikwirtschaft von den Medien nicht immer mit vollendeter Fachkenntnis und wünschenswerter Ausbalanciertheit behandelt bzw. nach lobbyistischen Interessenslagen besprochen werden, ist auch kein Geheimnis.

Journalisten interpretieren die Quotenforderung eher als unrechtmäßigen Steuerungswunsch einer sich imagemäßig im Keller befindlichen Major-Tonträgerindustrie denn als berechtigten Aufschrei der Kreativen nach mehr kultureller Vielfalt - die Künstler kriegen da gleich mal ihr Fett ab [Rentnerband als Überschrift des Fotos von Reinhard Mey, Peter Maffay und Udo Lindenberg auf der Titelseite der Berliner Zeitung vom 30. September].


Austria On Ear – "ohr"iginelle mobile Abhörstation

Die verbliebenen großen Tonträgerfirmen suchen nach wie vor eher verkrampft nach ihrem Selbstverständnis und ihren Geschäftsmodellen, verleihen sich ihre Berechtigung am Markt noch immer durch den historisierenden Blick auf ihre einstige Größe. Die auf der Messe vertretenen und nicht vertretenen Majors sitzen in abgetrennten Businessbereichen oder noblen Hotellobbys und versuchen, ein Geschäft doch noch ins Trockene zu bringen, das sie bereits längst verschenkt haben.

Die nach Jahren endlich geschaffte, gemeinsame Legal-Downloadplattform Phonoline konnte nicht durchstarten, und die Inhalte werden in der deutschen Telekom intern an die T-Mobile weitergereicht [Musicload].

Dafür ebbt die Castingwelle ab, und vernünftiger, tatsächlich langfristiger Künstleraufbau ist maximal in Spurenelementen und Absichtserklärungen auszumachen. Und dann hört man in Regelmäßigkeit spätestens seit Tim Renners damals formulierten Begehrlichkeiten immer wieder den Wunsch der Majors, sich an den Konzerteinnahmen des Künstlers zu beteiligen – am Merchandising hängen sie oft ohnehin schon. Ja, und ein bißchen gemanagt soll auch noch werden. Statt sich aufzuregen fängt man da nur mehr zu schmunzeln an: Wie wollen diese Firmen das leisten mit halber oder noch kleinerer Mannschaft und fehlendem Know-how?

Wenn jeder macht, was er kann ...

Künstler, die auch nur ein paar Gramm Musikbusinessweisheit ihr eigen nennen, werden solche Verträge nicht unterschreiben. Die Ausdifferenzierung dieser und anderer Geschäftsmodelle - mögen sie sinnvoll, erfolgversprechend oder nicht erscheinen - ist in der Gesamtsicht jedoch äußerst zu begrüßen! Wenn jeder macht, was er kann, erhält die arbeitsteilige Musikbranche in ihren einzelnen Gliedern und Funktionseinheiten eine die Chancen vergrößernde Frischzellenkur - dringend notwendig in einer Zeit der wenigen (Verdienst)Möglichkeiten und der großen Unübersichtlichkeit.

Was Kongreß und Popkomm-Konzerte betrifft, scheinen die Veranstalter bereits die richtigen Schlüsse gezogen zu haben. Im Kongreß war so manches redundant, zu viele Veranstaltungen, die Klientel der Kongressbesucher läßt sich nicht beliebig durch immer größeres Angebot ausdehnen.


Attraktion für alle Kamerateams:
die österreichische Raumstation

Im Konzertbereich wird ebenfalls eine notwendige Fokussierung der Auftrittsorte und Darbietungen einsetzen. Wieviel ein Popkomm-Showcase bzw. Konzert einem Künstler bringt, muß individuell beantwortet werden, inwieweit Exportfördermittel für diese Popkomm-Live-Präsentationen gut angelegt sind, kann letztlich nur über mehrere Jahre evaluiert werden. Als einzige Exportunterstützungen sind sie entschieden zu wenig.

Der am Vortag der Popkomm (28.9.) von der kanadischen Botschaft Berlin organisierte Businesstag Movin’ Canadian Music kann als Erfolg und zukunftsweisendes Modell einer Länderkooperation im Wirtschafts- und Kulturbereich angebunden an oder auch fernab von Musikmessen begriffen werden. Hier wurden in der anregenden Örtlichkeit der Palisade in einem Aufeinandertreffen von Experten beider Länder die Märkte Deutschlands und Kanadas mit vielen nützlichen Detailinfos präsentiert und anschließend Gelegenheit zum Geschäft-Machen geboten.

Einfach zum Nachdenken

Wer von der Popkomm nicht so recht wußte, ob er sie gut oder schlecht finden sollte, konnte sich von ihrer Qualität ganz kurzfristig im spontanen Vergleich mit der YOU, Europas größter Jugendmesse, gleich in den benachbarten Messehallen überzeugen. Das Popkomm-Ticket gewährte Eintritt, und so konnte man sich am 1. Oktober (Überschneidungstag) einer staunenden Ratlosigkeit hingeben. Zwar bot die YOU alles, was ein Jugendlicher angeblich so braucht [Halfpipe Snowboarding, mehrere Indoor-Kunstrasen-Fußballfelder mit Tribüne, simuliertes Wellenreiten, Computerterminals mit Spielen, Autodrom, Bühnen für KaraokesängerInnen und Teenie-Vollplayback-Acts, Gratiszeitungen, Schachbretter, Billardtische, Stände von McDonalds, Maggi, Radio Energy, Siemens, Nutella, Deutsche Post, ADAC u.v.a.], aber alles wirkte in den kalten, überdimensionierten, teilweise von den Besuchern völlig verdreckten Messehallen wie eine Playmobilstadt, die ohne Plan, lieblos und ganz per Zufall herbeigebeamt worden war.


Alternative: Space-DJ aus der Alpenrepublik

Hier gab es keine Gemütlichkeit, keine Technologieschau oder sonstiges Visionäres, sondern der seit beinahe Jahrzehnten abgeschmackte, coole Fun, der schon der Generation X schwer zu schaffen machte. Wenn das wirklich alles ist, was den durchschnittlichen Jugendlichen interessiert, dann ist zumindest eines klar: Ganz nach den Expertisen und Einschätzungen der Branchenexperten liegt die Zukunft der Musikwirtschaft nicht im Teenie-Segment. Das ist nichts Neues, aber trotzdem etwas zum Nachdenken. gw

Alle Bilder: Mario Rossori & Sabine Pipi Sperk. Weitere Bilder beim Pop-Paten

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