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Wo sind die »Neuen Österreicher?«

Die aktuelle Sendezeitstatistik zeigt: Unser Anteil am Programm sinkt. Von der groß angekündigten Österreicher-Welle im ORF-Radio war 2006 noch nichts zu sehen.

Wien (23. September 2007) - Vor einem halben Jahr stellten Hörfunkdirektor Willy Mitsche und Ö3-Chef Georg Spatt ihre Ö3-Österreicher-Kampagne Die neuen Österreicher vor. Von dieser findet sich in der aktuellen Statistik naturgemäß noch keine Spur, im Gegenteil.

Der Anteil von gesendeten Kompositionen [auf CDs] aus Österreich ist im Vergleich zu 2005 gesunken: von 14.4 auf 14.3 Prozent im Jahr 2006. Basis dieser Statistik sind die sekundengenauen Sendemeldungen des ORF an die AKM.

In den einzelnen ORF-Radioprogrammen wurden demnach überwiegend wieder weniger hier lebende Komponistinnen und Komponisten aufgeführt – wie die zweite Grafik [unten] veranschaulicht. Nur Ö-Regional insgesamt sowie die lebende Ernste Musik auf Ö1 konnten leichte Zuwächse verzeichnen.

Von allen Radiosendern bietet einzig FM4 einen nennenswerten Anteil hiesiger Musikkultur, seit Jahren pendelt er um die 25-Prozent-Marke. Zuletzt weist die Sendezeitstatistik der AKM für FM4 allerdings einen deutlichen Rückgang von 24.5 (violette Säule) auf 22.6 Prozent aus (rote Säule). Den größten Teil des Musikprogramms bestreitet weiterhin Musik aus aller Welt - das heißt aus den USA und Großbritannien (schwarz).

Nun zum Hitradio Ö3. Dessen bunte Stakkato-Mischung aus Werbung, Eventtipps, Verkehrs- und Weltnachrichten, Wettermeldungen sowie Ankündigungen von Ankündigungen wurde 2006 wieder deutlich seltener von österreichischer Musik unterbrochen. Nur jede zwanzigste CD auf Ö3 stammte aus heimischer Produktion. Genau: 4.97 % – ein Minus von 20 Prozent. Das Publikum wolle es nicht anders, heißt es, und überhaupt müsse man Geld verdienen, um Ö1 zu finanzieren.

Dessen Hörer gelten gemeinhin als Menschen, die das Radio nicht nur eingeschaltet haben, sondern auch aufmerksam zuhören. Heimische Kost kommt selten auf den Ö1-Feinschmeckerteller. Aus welchen Gründen immer: vielschichtigere Musik aus Österreich – vom Jazz bis zum Landler – wird auch im Kulturtempel Ö1 immer seltener angeboten, zuletzt waren es nur mehr 7.8 Prozent aller gespielten CDs. Ernste Musik in Österreich lebender Urheber fand mit 7.4 Prozent hingegen wieder geringfügig mehr Berücksichtigung.


Entwicklung der Musik-Programmanteile in den Regionalradios des ORF.

Die ORF-Landesstudios setzten in ihren Heimatradios [offizielle ORF-Bezeichnung] um 0.2 Prozentpunkte mehr heimatliche Musik ein als ein Jahr zuvor. Radio Burgenland erreichte mit stabilen 19.5 % erneut den größten Anteil. Tirol und Niederösterreich verfehlten den Ö2-Durchschnittswert von 15.2 % nur knapp, während Radio Wien seinem Publikum seit Jahren nicht mehr als 8.5 % Musik aus Österreich vorspielt und damit weiter die rote Laterne des Schlußlichts trägt – ebenfalls offizielle Begründung dafür: Ein Großstadtradio unterliege besonderen Anforderungen, die auch im Musikmix ihren Niederschlag fänden. - K.O.

Eigene Musikkultur im Sinkflug

Wie war es früher? Ein Vergleich mit 1998 illustriert den Niedergang heimischen Schaffens im ORF-Radio. Radio Niederösterreich sendete damals noch runde 29 (!) Prozent CDs mit Werken hier Lebender. 2006 waren es nur mehr knapp 15 Prozent. Ähnliches gilt nicht nur für das Burgenland [25.7% : 19.5%] oder die Steiermark [24.5% : 17.8%], sondern ist überall zu bemerken, wo das Formatradio Einzug gehalten hat.

Nebeneffekt des Formatradios

Zur Einführung des Formatradios sah sich die ORF-Geschäftsführung durch die aufkommende Konkurrenz am Radiomarkt gezwungen. Um ein Abwandern des Publikums zu den »Privaten« und damit eine Verringerung der Werbeeinnahmen zu verhindern, beschloß der ORF eine Reihe von Programmreformen – auf Grundlage von Vorschlägen einer in Deutschland ansässigen Beratungsagentur. Das von der Firma BCI aus Nürnberg propagierte Formatradiokonzept stammt aus den USA, und so liegt es auch auf der Hand, daß seine verschiedenen Kategorien von Adult Contemporary [AC] bis Complete Plastic Music [CPM, Name von der Redaktion geändert] bis heute in erster Linie von angloamerikanischen Musikproduzenten bedient werden.

PS: Wer meint, es handle sich bei obiger Erklärung um eine haltlose Verschwörungstheorie, dem empfehle ich Mediamanual.at – eine Seite der österreichischen Bundesregierung. Dort steht als Analyse zum Thema in fetter Schrift zu lesen:

»Die Betreiber von Formatradio sind nicht so sehr an Qualität, sondern vielmehr an hohen Werbeeinnahmen interessiert.« zum Artikel

Wie diese Einstellung mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag zu vereinbaren ist, wissen die Götter. pps Mein Kommentar - Diskussion im Forum .

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