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Angebot des ORF

"Meine Tür steht offen!" - Ö3-Chef Georg Spatt bietet Kooperation an. Wende im Streit um Österreicherboykott?

Wien (28. August 2002) - Mit einer Überraschung warteten ORF-Radiodirektor Kurt Rammerstorfer und Ö3-Chef Georg Spatt bei der Sitzung des Publikumsrates am Montag auf. Während Rammerstorfer ankündigte, die Brücken zu den Kunstschaffenden wieder zu öffnen, lud Spatt die heimischen Musikerinnen und Musiker ein, ihm ihre neuen CDs zu bringen. Die Türen bei Ö3 würden alle offen stehen.

"Meine Tür steht offen." Georg Spatt, rechts neben Mag. Kurt Rammerstorfer

Nach einer kurzen Powerpoint-Präsentation der bekannten Situation [siehe Wieder 10 Prozent weniger] durch Peter Paul Skrepek entwickelte sich eine engagiert geführte Debatte. Ö3 als Sender mit dem niedrigsten Österreicheranteil (4,07 Prozent) stand zwangsläufig im Mittelpunkt. Der Hörfunkdirektor appellierte, nicht immer über Pressekonferenzen zu kommunizieren, sondern eine Lösung der Probleme im persönlichen Gespräch zu versuchen. "Ich bekenne mich zur österreichischen Musik. Zwei Drittel der Ö3 übermittelten Platten werden gespielt. Mehr gibt der heimische Markt eben nicht her", erklärte Rammerstorfer den Mitgliedern des Programmausschusses.

"In Österreich momentan Musik zu machen, ist nicht lustig"

In Anspielung auf eine Gallup-Umfrage, der zufolge 57 Prozent des Publikums sowohl heimische als auch ausländische Musik im Radio hören will, bemerkte Georg Spatt, es sei keine gute Idee, die Präferenzen nach in- und ausländischer Musik abzufragen. "In Österreich momentan Musik zu machen, ist nicht lustig", gestand der Ö3-Chef allerdings zu und ergänzte: "Alle, die sich mit dem Musikmarkt auseinandersetzen, wissen auch, daß das vielschichtige Gründe hat, die nicht beim ORF allgemein oder bei Ö3 im speziellen zu suchen sind. Wir spielen die Hälfte der uns angebotenen heimischen Platten. Und wir machen Veranstaltungen mit österreichischen Gruppen." Radioeinsätze seien zwar wichtig, beeinflußten aber nicht unbedingt den Plattenverkauf, denn Kaufverhalten und Hörverhalten seien verschieden, so Spatt.

"Ich werde Georg Spatt meine CDs bringen." Stella Jones

Peter Müller, legendärer Erfolgsproduzent (Ambros, Opus, Heller, STS, Sigi Maron, EAV u.v.a), kritisierte, daß heute nur mehr der schnelle Erfolg zähle und viele nicht mehr bereits seien, eine Karriere langsam aufzubauen. Müller war ebenso wie Stella Jones (u.a. Teilnehmerin am Song-Contest 1995) als Experte eingeladen worden.

Alte Irrtümer zu den Akten legen

Der unter Zeiler und Weis gesteuerte Kurs, immer weniger heimische Musik zu senden, müsse korrigiert werden, forderte Skrepek, schließlich habe der ORF ja einen öffentlichen-rechtlichen Charakter und damit einen definierten Kulturauftrag zu erfüllen. Das von Rammerstorfer ins Treffen geführte Argument, es handle sich bei den präsentierten Zahlen um eine reine Komponisten-Statistik, der ORF spiele wesentlich mehr heimische Interpreten und viele Künstler wären gar keine AKM-Mitglieder, wies Skrepek zurück. Ein Schreiben von Ö3-Musikchef Alfred Rosenauer, in dem dieser bezweifelte, daß Hubert von Goisern, Rainhard Fendrich, Falco, Wolfgang Ambros, die EAV oder STS überhaupt AKM-Mitglieder seien, war bereits 1997 von der AKM beantwortet worden. [Alle Genannten sind AKM-Bezugsberechtigte.] "Bei Andy Borg, Fendrich und Ambros findet die Wertschöpfung nicht in Österreich statt", zeigte sich der Hörfunkdirektor sich noch nicht überzeugt.

FM4 weiter auf Erfolgskurs

Mit 280.000 Hörern ist die Akzeptanz von FM4 so hoch wie nie. Das Ausland beneide uns um diesen Sender, sagte Monika Eigensperger, die als eine der Förderinnen der heimischen Musikszene gilt. Die Verdienste von FM4 seien unbestritten, bestätigte Skrepek, es gehe allerdings nicht nur um jene 12 Prozent des jungen Publikums, das dieses Spartenprogramm höre, sondern um die Gesamtheit. In den Massenprogrammen rangierten österreichische Produktionen leider unter ferner liefen.

Nicht nationalistische Aktionen, sondern Arbeitsplätze für hier lebende Kunstschaffende stünden im Mittelpunkt, betonte Dr. Herbert Stegmüller, stv. Zentralsekretär der Gewerkschaft Kunst/Medien. Das sei ein legitimes Anliegen. Virgil Widrich, Regisseur und mit Copyshop für den Oscar nomminiert, unterstützte das Anliegen der Musikschaffenden. Er könne nachvollziehen, daß der ORF nur wenige heimische Filme sende, denn diese müßten um teures Geld produziert werden, das dem ORF eben fehle. Die Musik bekäme er allerdings frei Haus, er müsse sie dann nur mehr senden. Eine befriedigende Antwort, warum er es nicht tut, wurde nicht gefunden.

PS: Noch nicht! Die Gespräche werden demnächst fortgesetzt - und der Hörfunkdirektor sorgte für den kabarettistischen Höhepunkt: "Reden wir nicht mehr über die Vergangenheit. Treten wir doch in einem gemeinsamen Konkurs!" Nach zweieinhalb Stunden schloß Mag. Andreas Kratschmar die Sitzung. Hoffen wir, daß uns der ORF schon bald auch anderwärtig Grund zum Lachen gibt.

pps

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