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Stimmen aus dem ORF-Publikumsrat - 1

Das sagten die leitenden ORF-Manager zum Thema "Musik aus Österreich" von 2002 bis 2004 - ein Rückblick.

Wien (13. September 2004) - Beinahe drei Jahre sind ins Land gezogen, seit die alte Hörer- & Sehervertretung im Oktober 2001 als Publikumsrat neukonstituiert worden ist. Zu den interessantesten Momenten zählten zweifellos die Auftritte der ORF-Landesdirektoren. Sie erläuterten dem Gremium - oft wortreich - ihre Tätigkeit; vor allem die Frage nach dem Anteil einheimischer Musik sorgte für lebhafte Debatten. Entgegen manch bösartigen Unterstellungen verliefen diese Diskussion in der Sache zwar hart, waren im Umgangston jedoch sehr zivilisiert und durchaus von gegenseitigem Respekt getragen.

Mit Hängen und Würgen

Beginnen wir mir einem Zitat des Hörfunkdirektors Mag. Kurt Rammerstorfer vom Februar 2002. Die wiederholt und oft heftig geäußerte Kritik, im ORF-Radio sei zu wenig österreichische Musik zu hören, kommentierte er damals gelassen. "Letztlich liegt es auch immer am Angebot, das darf man in dieser Diskussion nicht vergessen." Bei Radio Oberösterreich - Rammerstorfer (Bild: ORF) war bis zu seiner Bestellung zum Radiodirektor ORF-Landesintendant in Linz - habe er vor einigen Jahren am Nationalfeiertag den "Tag der österreichischen Musik" eingeführt. Dies sei als "Signal und kleine Botschaft" gedacht gewesen, mangels heimischer Musikfülle habe man diesen Tag aber im ersten Jahr "mit Hängen und Würgen" bestritten. "Wir sind wirklich froh, wenn einmal eine neue Platte herauskommt", betonte er.

"Vor allem FM4, aber auch Ö3 bemühen sich doch sehr intensiv um die jüngere österreichische Musik." Der ORF sei jedenfalls "nicht der natürliche Feind, sondern der natürliche Partner der heimischen Musikschaffenden", sagte Rammerstorfer. Man müsse aber auch die unterschiedlichen Radioformate berücksichtigen. "Die Austropopper sind wahrscheinlich in den Regionalradios bestens aufgehoben. Diese Programme haben die gleichen Hörerzahlen wie Ö3. Und dort wird Austropop rauf und runter gespielt."

Einheimische Musik = Austropop?

Am 11. März 2002 präsentierte der Direktor des Landesstudios Burgenland, Karlheinz Papst, seinen Sender als jenen mit dem höchsten Österreicheranteil: 41 Prozent aller gespielten Musiktitel stammten von heimischen Interpreten. Wie diese ORF-Angabe mit dem von der AKM ermittelten CD-Anteil von 23,4 Prozent korreliert, erklärte Publikumsrat Skrepek mit dem so genannten Semperit-Effekt. "Offensichtlich stammt nahezu die Hälfte dieses deutschsprachigen Repertoires von Urhebern aus Deutschland, Südtirol und der Schweiz." Die Wertschöpfung finde leider wieder nicht in Österreich statt, und damit sei der hiesigen Musikproduktion wenig geholfen.

Von Publikumsrat Mag. Hans Preinfalk [Arbeiterkammer OÖ.] nach der Akzeptanz der auf Radio Burgenland vergleichsweise noch sehr gut vertretenen österreichischen Musik befragt, antwortete Landesdirektor Papst (Bild: ORF) : "Wir sind der Heimatsender der Region. Die Reaktion des Publikums auf heimische Musik ist sehr positiv." Eine Steigerung des Österreicher-Anteils stehe aber dennoch nicht bevor, sagte Papst.

Kein Radio Muh in Vorarlberg

Dr. Wolfgang Burtscher, Direktor des ORF-Landesstudios Vorarlberg, erteilte am 22. April 2002 der Betonung des Heimatlichen um jeden Preis eine klare Absage. "Wir wollen uns nicht als Radio Muh präsentieren!" formulierte er am Ende seines Vortrags vor dem ORF-Publikumsrat. "Wir führen Veranstaltungen durch, und wir spielen sehr viel E-Musik!" Aber einerseits beträgt der Anteil in Österreich lebender E-Musik-Komponisten bescheidene 0,07% des Programms an AKM-geschützter Musik [im Burgenland immerhin 0,18%], andererseits werden die so genannten "Off-air"-Aktivitäten gern verwendet, um von der eigentlichen Aufgabe eines Radios abzulenken: Musik zu senden!

Sehr konkret wurde Burtscher hinsichtlich der Programmrichtlinien. "Regionalradios haben den Auftrag, die Zielgruppe 35+ zu bedienen", erläuterte der Landesdirektor. Radio Vorarlberg erreiche mit seinem Programm beachtliche 41 Prozent des Publikums und sei damit Marktführer. Darüberhinaus bezweifelte er die Zahlen der Musikergilde. Erstens weise die AKM einen Österreicheranteil von 13,15 Prozent aus, und zweitens sende Radio Vorarberg ohnehin weit mehr Österreicher, nur würden prominente Interpreten wie Udo Jürgens, Andy Borg oder Peter Alexander von der AKM nicht berücksichtigt, weil sie keine AKM-Mitglieder seien.

Radio Kärnten vertraut der Marktforschung

Bei der Sitzung am 1. Juli 2002 präsentierte Direktor Dr. Willy Mitsche das Landesstudio Kärnten: "Wir definieren uns als ein Heimatradio, aber nicht im chauvinistischen Sinn. Im ersten Halbjahr 2002 stammten 30 Prozent aller von Radio Kärnten gespielten CDs von österreichischen Interpreten. Allein Udo Jürgens spielen wir rund 700 mal im Jahr." Udo Jürgens sei allerdings nicht AKM-Mitglied, sondern rechne über die GEMA ab, wie viele andere Österreicher auch, begründete Mitsche die Differenz zwischen dem von ihm erhobenen 30 Prozent-Anteil heimischer Interpreten und dem 17,8 Prozent-Anteil heimischer Kompositionen [laut AKM].

Skrepek erläuterte die statistische Bedeutungslosigkeit der Interpretenfrage: Selbst wenn der ORF täglich rund 30 Titel von österreichischen Interpreten, die ausländische Werke singen, sendete, betrüge die Abweichung zur AKM-Statistik weniger als einen Prozentpunkt; und er fragte nach: "Wie erklären Sie, daß Radio Kärnten1982 noch 33 Prozent heimisches [AKM]-Repertoire spielte, während es letztes Jahr nur mehr 17,8 Prozent waren?"

"Wir vertrauen der Marktforschung", antwortete Mitsche (im ORF-Bild links). "Die Marktforschnung sagt uns, was das Publikum hören will. Wir sind zwar noch nicht neuformatiert, aber ich glaube, es wird sich auch dann nicht viel ändern. Ich werde meine Mitarbeiter jedenfalls gern darauf hinweisen, mehr österreichische Interpreten einzusetzen."

Deutsch-Schwerpunkt in Niederösterreich

Weiter ging es am 25. November 2002. In seinem Bericht betonte NÖ-Landesdirektor Norbert Gollinger den Deutsch-Schwerpunkt seines Senders. Demnach bestehe das Musikprogramm von Radio Niederösterreich aus Schlagern und Oldies zu 60 Prozent aus deutschsprachigen Titeln. Insgesamt würden 32 Prozent von österreichischen Interpreten bestritten. Damit liege sein Sender deutlich über den von der AKM ermittelten 19,5 Prozent Österreicheranteil. Auf die Frage Skrepeks, wie und vom wem die 32 Prozent ermittelt worden seien, antwortete Gollinger (Bild: ORF): "Das ist nur eine Stichprobe gewesen. Ich vertraue unserer Musikredaktion."

Willkommen im Bundesland des Kreisverkehrs

Auch den niederösterreichischen Landesdirektor konfrontierte Skrepek mit den Fakten: "Im Jahr 1998 belief sich der Anteil von Musik aus österreichischer Feder in Niederösterreich noch auf mehr als 33 Prozent. Wie erklären Sie den drastischen Rückgang auf knapp 19 Prozent 2001?" - Norbert Gollinger: "Der hohe Wert konnte nicht gehalten werden, weil sich ein Radiosender in eine andere Richtung weiterentwickelt." - Skrepek: "Wieso hat er sich aber gerade in diesem Bereich bergab weiterentwickelt. War das ihre eigene Idee? Oder wer hat sie da beraten?" - Gollinger, schmunzelnd: "Ich bewundere Ihre Beharrlichkeit - aber das hängt auch mit dem Angebot zusammen. Wir müssen die Hits spielen, die Leute wünschen das."

PS: Die ORF-Manager stehen der heimischen Musikszene durchaus positiv gegenüber. Aber sie haben ihre Anweisungen. Die Antworten der weiteren Landesdirektoren folgen morgen - nachzulesen hier in der Internet-Coda. pps

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