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Recht auf eigene Geschichten

Der Präsident des deutschen Bundestags, Wolfgang Thierse, gilt als Verfechter des Rechts auf Selbstbestimmung.

Bad Hersfeld (11. Juni 2003) - Was bei in Österreich noch als "ewiggestrig" verunglimpft wird, darf in Deutschland offen ausgesprochen werden: Wir haben ein Recht auf unsere eigene Kunst! Im letzten Sommer bekräftigte der Präsident des deutschen Bundestags diesen Anspruch in seiner Eröffnungsrede der Bad Hersfelder Festspiele. Am Wort ist Wolfgang Thierse, ein Mensch, auf den die Punze regressiv nationalistisch einfach nicht passen will.

Thierse: Kultur gewinnt gerade in schwierigen Zeiten an Bedeutung, weil Phantasie und Visionen gefragt sind, weil sinnliche Wahrnehmung, ästhetische Vielfalt und Muße grundlegende Bedürfnisse sind. Angesichts der Beschleunigung des Lebenstempos und angesichts der Zukunftsängste in einer unübersichtlicher werdenden Welt wollen sie um so dringender befriedigt werden.

Es genügt nicht, darüber strenge Analysen zu verfassen. Menschen müssen ausdrücken, wie sie diese Veränderungen empfinden, wahrnehmen, begrüßen oder verabscheuen. Nur so finden wir übrigens auch die Wege ihrer Bewältigung. Auch in Zeiten der Globalisierung, der nicht nur ökonomischen Entgrenzung und Beschleunigung wird Kultur nicht unwichtiger, im Gegenteil.

Musikkultur in Deutschland

Vor diesem Hintergrund setzt der Bundestag jetzt eine Enquete-Kommission zur Situation der Kultur in Deutschland ein. Sie wird voraussichtlich im Herbst ihre Arbeit aufnehmen und sich um eine "Bestandsaufnahme Kultur in Deutschland" bemühen. Sie wird nach Perspektiven unter neuen Rahmenbedingungen fragen. Und sie wird sicher auch danach fragen, wie Politik der Kultur helfen kann, unter dem wachsendem Druck ökonomischer Verwertungsinteressen bestehen zu können. Verwertungsinteressen, die stark von international operierenden Unternehmen und vom so genannten "Zeitgeschmack" bestimmt werden.

Zum Beispiel in der Musik: Deutschsprachige und in Europa produzierte Musik hat bei uns im Radio viel weniger eine Chance als englischsprachige aus den USA. Fast alle Stationen - auch die öffentlich-rechtlichen - senden inzwischen ein Musikprogramm, das dem - angeblichen - Massengeschmack entspricht, sich jedenfalls vor allem an den globalen Verwertungsinteressen der Produzenten orientiert. Für Sperriges, Unkonventionelles dagegen gibt es oft keinen Sendeplatz. Das heißt: Wohl eher keinen Sende-Mut. Ähnliches kann man auch vom Film sagen.

Quote für einheimische Musik

Vielleicht hilft ein Blick zu unserem Nachbarn jenseits des Rheins: Frankreich hat mit einer Quote für einheimische Musik gute Erfahrungen gemacht. Die Quote hat die dortige junge Musikkultur belebt, und nun zeichnen sich auch internationale Erfolge ab, wie es sie viele Jahrzehnte nicht mehr gegeben hat. Wenn das keine Eintagsfliegen bleiben, könnte das hierzulande Überlegungen vermehren, ob man neuere deutsche Musik mit einer Quote nach französischem Vorbild fördern kann. Ich neige zu einem solchen Experiment - nicht aus nationalistischem Pathos, sondern auf Grund zweier einfacher Beobachtungen:

  1. Jeder weiß, daß die Ausdrucksmöglichkeiten verschiedener Sprachen verschieden sind. Warum sollen wir drohendem Verlust dieser Feinheiten, dieser Vielfalt tatenlos zusehen?

  2. Es gibt viele Talente in Deutschland und in Europa, deren Chancen, sich durchzusetzen, davon abhängen, ob wir Hörer mit ihrer Musik überhaupt behelligt werden.

Kultur ist nicht bloße Dekoration wie die Petersilie auf der Kartoffel - ich habe dieses Bild des Grafikers Klaus Staeck eben schon benutzt - Kultur ist so wichtig wie die Kartoffel selbst. Kultur ist keineswegs der Luxus, den wir uns dann leisten können, wenn es uns gut geht. Ganz im Gegenteil: Kultur ist lebensnotwendig. Kultur ist existenziell und deshalb ein Lebens-Mittel.

PS: Soweit Thierse. Seinen Worten ist nur noch ein kurzer Lebenslauf des Redners hinzuzufügen. pps

Wolfgang Thierse, Kulturwissenschaftler/Germanist, Präsident des Deutschen Bundestages. Geboren am 22. Oktober 1943 in Breslau; katholisch; verheiratet, zwei Kinder. Nach dem Abitur Lehre und Arbeit als Schriftsetzer in Weimar. Seit 1964 in Berlin Studium an der Humboldt-Universität, anschließend wissenschaftlicher Assistent im Bereich Kulturtheorie/Ästhetik der Berliner Universität bis 1975. 1975 bis 1976 Mitarbeiter im Ministerium für Kultur der DDR. 1977 bis 1990 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Akademie der Wissenschaften der DDR, im Zentralinstitut für Literaturgeschichte.

Bis Ende 1989 parteilos. Anfang Oktober 1989 Unterschrift beim Neuen Forum. Anfang Januar 1990 Eintritt in die SPD; Juni bis September 1990 Vorsitzender der SPD/DDR; Mitglied der Volkskammer vom 18. März bis 2. Oktober 1990, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, zuletzt Fraktionsvorsitzender der SPD/DDR. Stellvertretender Vorsitzender der SPD. Mitglied des Bundestages seit 3. Oktober 1990; 1990 bis 1998 stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion; seit 26. Oktober 1998 Präsident des Deutschen Bundestages.

Die Rede im Orginal: http://www.bundestag.de/parlament/praesidium/reden/2003/017.htm

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